SPD-Wahlkampfauftakt für Marvin Kliem mit MdB Heike Heubach: „Chancen für alle“

Barrierefreie Kommunikation dank Gebärdendolmetscherinnen: Die bislang erste und einzige taube Bundestagsabgeordnete Heike Heubach (recht) unterstützte den Straubinger SPD-Kandidaten Marvin Kliem beim Wahlkampfauftakt. Gem. Motto: „Chancen für Alle!"
Eva Bernheim (Straubinger Tagblatt)

11. Januar 2025

Von Eva Bernheim (Straubinger Tagblatt vom 10. Januar 2025)

Was hat die Demokratiewerkstatt der SPD an der Koppgasse mit dem Deutschen Bundestag gemeinsam? Sie ist barrierefrei, auf jeden Fall für taube Menschen. Zum Wahlkampfauftakt hatten die Straubinger SPD und ihr Bundestagsabgeordneter Marvin Kliem die Bundestagsabgeordnete Heike Heubach aus dem Wahlkreis Augsburg-Land eingeladen. Die 45-Jährige ist seit März letzten Jahres als Nachrückerin Mitglied der SPD-Fraktion – und die bislang erste und einzige taube Abgeordnete. Heike Heubach bescherte den Straubinger Genossen ein volles Haus, nicht zuletzt wegen einiger Mitglieder des Straubinger Gehörlosenvereins. Sie hatten gegenüber dem hörenden Publikum den Vorteil, die Ausführungen der Abgeordneten auch ohne die beiden Dolmetscherinnen verstehen zu können. Diese waren mit Heike Heubach aus Berlin mitgereist und leisteten ganze Arbeit, indem sie simultan alle Fragen und Antworten – selbst die stark dialektgefärbten – übersetzten.

Auf diese Weise unterschied sich die Veranstaltung nicht von anderen dieser Art – sie war barrierefrei, ähnlich offenbar wie der Bundestag für eine taube Abgeordnete. „Es gab keine großen Hindernisse“, sagte Heike Heubach über den Beginn ihrer Arbeit im Bundestag vor rund zehn Monaten. Anders als im täglichen Leben sei sie ohne Formalitäten, Anträge oder Kosten einfach auf Schritt und Tritt von Gebärdendolmetscherinnen begleitet worden. „Zum ersten Mal in meinem Leben gab es keine Barrieren.“

„Es muss für alle gekämpft werden“

Ganz anders sei das bedauerlicherweise für Abgeordnete mit anderen Handicaps oder für taube Mitarbeitende in der Bundestagsverwaltung. „Es muss für alle gekämpft werden.“ Heike Heubach kandidiert wieder und will in der nächsten Legislaturperiode „richtig loslegen“. Ihre Schwerpunkte sind Soziales und Bauwesen. „Chancen für alle“ ist auch der Wahlkampf des 27-jährigen Straubinger Bundestagskandidaten Marvin Kliem überschrieben. „Die SPD hat es in ihrer DNA, sich für alle Menschen einzusetzen, gleich welcher Herkunft und unabhängig vom Einkommen“, sagte Kliem. Einig waren sich er und Heike Heubach, dass das Renteneintrittsalter nicht erhöht werden dürfe und das Rentenniveau erhalten werden müsse. Zur Finanzierung müsse unter anderem das Lohnniveau steigen und damit die Beiträge der Einzahlenden.

Kliem brachte außerdem die Aufhebung der Beamtenprivilegien ins Spiel und damit die Einbeziehung der Staatsdiener in das Rentensystem. Heubach sprach sich außerdem klar für eine Vermögenssteuer für Superreiche und die Einführung einer Bürgerversicherung anstelle des „Zweiklassensystems“ im Gesundheitswesen aus. Auf die Frage aus dem Publikum, welche Partei, welche Regierung, diese Forderungen durchsetzen solle, gab die Abgeordnete eine kurze Antwort: „Sie müssen das Kreuz an der richtigen Stelle machen, wählen Sie SPD!“

Mit dem Blick auf die Ereignisse um die Regierungsbildung in Österreich ergänzte Marvin Kliem, die Sozialdemokraten würden sich glasklar gegen rechtspopulistische Parteien abgrenzen und niemals eine Koalition mit diesen eingehen. Ortstermin mit dem Burgtheaterverein

Vor der Abendveranstaltung war ein Ortstermin mit dem Burgtheaterverein und deren zweiter Vorsitzender Tanja Deutsch auf dem Programm gestanden, um mögliche Förderungen aus Bundesmitteln auszuloten. Danach besuchten Juliane Eigner und Ralf Zimmerhansl vom Behindertenbeirat der Stadt die SPD-Demokratiewerkstatt, um sich mit Heike Heubach und Marvin Kliem über Inklusionsthemen auszutauschen. Ergebnis: Im Unterschied zum Bundestag ist die Demokratiewerkstatt auch für Menschen mit körperlicher oder Sehbehinderung barrierefrei.

Info MdB Heike Heubach beschreibt sich selbst als „taub“. Diese Bezeichnung wird anstelle von „gehörlos“ mittlerweile innerhalb der Community von Menschen mit Hörbeeinträchtigung bevorzugt verwendet. Der Begriff beschreibt aus deren Sicht den Zustand neutraler und weniger am Defizit orientiert („-los“). Die Vereine, wie auch der Gehörlosenverein Straubing, tragen weiterhin die lange gebräuchliche Bezeichnung. „Taub“ ist dennoch keinesfalls gleichzusetzen mit „taubstumm“, eine veraltete Bezeichnung, die nicht mehr verwendet werden sollte. Taube Menschen sind nicht stumm, denn es steht ihnen mit der Gebärdensprache ein vollwertiges Sprachsystem zur Verfügung.

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